Kommt einem das nur so vor, wenn man älter wird? Oder ist das etwa eine ganz universelle Erkenntnis und Feststellung? Ereignisreiche Zeiten vergehen schneller als andere…

So auch die Schachsaison 2024/25 bei uns dahoam im Schachkreis Zugspitze: kaum im letzten Oktober begonnen, es fühlt sich noch an wie (ganz) knapp gestern, war heute mit der 9. Runde in der Zugspitzliga schon das Saisonfinale für unsere erste Mannschaft. Zum Abschluß mußten wir noch einmal auswärts ran an die Bretter, und zwar ging es zu den Schachfreunden vom TuS Fürstenfeldbruck, die uns in ihrem sehr schönen Spiellokal empfingen, dem Wirtshaus Auf der Lände, direkt an der Amper gelegen und mit einem sehr schönen Biergarten ausgestattet, der auch außerhalb der Schachsaison sicherlich einen Besuch wert ist. 😉

Für uns ging es sportlich um nichts mehr: der Klassenerhalt war schon gesichert, nach oben war auch nichts mehr möglich. So mag dies als Erklärung dafür dienen, daß es unseren stellvertrenden Mannschaftsführer Stephan Balder einige Mühe kostete, alle acht Bretter auch mit spielwilligen und spielfreudigen Schachfreunden aus unserem Club und der Aufstellungsliste der ersten Mannschaft zu besetzen. Schließlich gelang es doch: mit Marc Fehlhaber sagte ein altgedienter und bewährter Ergänzungsspieler spontan zu, der leider nur noch selten für uns spielt (aber heute wohl Lust bekommen hat, demnächst wieder öfter bei uns und für uns am Brett zu sitzen!), und für das achte Brett wurde mit Oscar Kalthoff flugs einer unserer hoffnungsvollen jugendlichen Nachwuchsspieler nachgemeldet, sodaß wir, sportlich fair, vollständig zur letzen Runde antreten konnten. Immerhin, für den TuS FFB ging es noch um sehr viel: nämlich um nichts anderes als den Klassenerhalt, und den sollten sie sich erkämpfen müssen! Wir wollten den Spieltag keineswegs herschenken, sondern schon allein, um uns nicht dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung auszusetzen, einen guten Kampf liefern. Und so kam es auch – die Begegnung dauerte über fünf Stunden, und war bis zum Schluß offen und überaus spannend.

Der Beginn des Matches war für uns leider gleich einmal eine kalte Dusche: Sowohl Renato Wittstadt an Brett 4 als auch Robert Balder an Brett 2 mußten alsbald die Waffen strecken und aufgeben; Renato kam nie wirklich in die Partie und erlag schließlich dem immer stärker werdenden Druck seines Gegners am Damenflügel. Bei Robert führte eine Eröffnungsungenauigkeit, ein einziger, aber ernster Tempoverlust gegen Ende der Figurenentwicklung und bei Beginn des Mittelspiels, zu einer eingeschnittenen Stellung, die sich nach noch einigem Verteidigungskampf leider nicht mehr als haltbar erwies.

Unser Neuling Oscar Kalthoff schlug sich bei seiner Mannschaftspremiere bei den Erwachsenen dagegen am achten Brett lange Zeit recht wacker, mußte sich dann aber leider ebenfalls seinem nominell deutlich stärkeren und erfahrerernen Gegner geschlagen geben. Man muß aber lobend feststellen: trotz der Niederlage sehr ordentlich gespielt, und gut gekämpft, Oscar! 👍

Auswärts 3:0 hinten zu liegen, ist in der Regel kein gutes Omen… Aber mit den nächsten Ergebnissen gelang es uns, den Rückstand zu verkürzen, und in der Partie zu bleiben. Am siebten Brett gelang Peter Schneider, der heute, nominell nach DWZ-Differenz, die „leichteste“ Aufgabe zu bewältigen hatte, der erste Sieg. Peter war mit den weißen Steinen in einer italienischen Eröffnungsvariante, die in Theoriebüchern als Mason-Gambit verzeichnet ist, in Internet-Kreisen (YouTube Schachstreamer TheBigGreek aka. IM Georgios Souleidis läßt grüßen! – Video hier auf unserer Medienseite ganz unten) jedoch als „Italienischer Killerangriff“ bekannt ist, schon früh in deutlichen Vorteil gekommen, mußte seine sich tapfer und lange wehrende Gegnerin jedoch buchstäblich niederringen. Damit „nur noch“ 3:1 für FFB!

Die wohl schwierigste Aufgabe hatte heute Felix Beck am Spitzenbrett: ihm saß mit Tim Hashagen kein geringerer als der amtierende Einzelmeister des Schachkreises gegenüber. Felix ließ sich davon nicht ins Bockshorn jagen, und ging die Partie mit einem „Leningrader“ im Anzug überaus ambitioniert an. Aus dem sich anschließenden langen Kampf resultierte dann ein wirklich gut ausgekämpftes und spannedes Unentschieden – damit also noch 3,5 zu 1,5 für FFB.

Für Stephan Balder an Brett sechs war die heutige Partie eine Art von Premiere: zum ersten Mal in einer gewerteten Turnierpartie spielte er mit den schwarzen Steinen die Aljechin-Verteidigung, und das mit einem sehr schönen Erfolg: die überlegene Stellung konnte er bis in Läuferendspiel übertragen, in welchem sein Gegner mit erheblichem Materialrückstand, er hatte einige Minusbauern, schließlich aufgeben mußte. Hier die sehenswerte Partie mit Kommentaren von Stephan zum Nachspielen:


Als es dann schließlich noch Matthias Schmidt am dritten Brett mit Weiß gelang, das aus seinem bewährten Damengambit entstandene überlegene Mittelspiel in einen Sieg und damit vollen Punkt umzumünzen, war auf einmal der Rückstand wieder aufgeholt, es stand 3,5 zu 3,5; und Fürstenfeldbruck mußte plötzlich um den Mannschaftssieg, den es zum Klassenerhalt dringend brauchte, noch zittern!

Die letzte Partie an Brett 5 zwischen unserem Marc Fehlhaber und Thomas Hirn von FFB mußte nun die Entscheidung bringen…

Die entscheidende Partie: Thomas Hirn (FFB, links) und Marc Fehlhaber (SC WOR, rechts) in höchster Konzentration

Marc hatte mit den weißen Figuren mit einer nicht so bekannten, aber sehr agressiven Nebenvariante der Caro-Kann-Verteidigung seinen Gegner überrascht und unter Druck gesetzt. Beide spielten dabei ein hochklassiges, sehr spannendes und auch präzises und fehlerarmes Mittelspiel. Thomas Hirn gelang es, sich nicht nur zu verteidigen, sondern auch später den weißen Vorteil allmählich auszugleichen und ein Endspiel anzusteuern. In diesem Endspiel überschätzte Marc dann aber leider die Möglichkeiten seiner Stellung, und mußte im Verlauf seinen Springer für eine umgewandelte Dame seines Gegners geben. Trotz beiderseitiger Zeitnot blieb es aber aufregend bis zum Ende, denn der Gewinnweg war für Thomas nicht leicht zu finden, besonders deshalb, weil Marc sich mit einem weit vorgeschobenen Freibauern am Damenflügel Gegenchancen verschaffte. Aber Thomas Hirn behielt die Nerven, machte keinen Fehler mehr, und konnte letztlich verdient seinen Materialvorteil in einen Sieg verwandeln.

Damit gewann TuS Fürstenfeldbruck mit 4,5 zu 3,5 knapp, aber verdient, diese Schlußbegegnung der Zugspitzliga gegen unsere Erste, und wir gratulieren den Schachfreunden von FFB damit zum Klassenerhalt, denn die direkten Konkurrenten um den Nichtabstiegsplatz, die SF Windach, unterlagen daheim knapp mit 3:5 gegen SK Penzberg, und müssen nun in der nächsten Saison den Weg in die Kreisklasse antreten, während die Penzberger sich damit den Sieg und Titel als Kreismeister der Zugspitzliga 2024/25 sicherten, wozu wir ebenfalls herzlich gratulieren!

Wir selbst haben nach einer etwas durchwachsenen, aber auch nicht wirklich schlechten Saison auf dem 5. Tabellenplatz abgeschlossen. Nächste Saison werden wir wieder angreifen, und dann hoffentlich auch wieder mehr erreichen. Wir sind es schließlich gewohnt… 😀

Hier gehts zur Mannschaftsbilanz und Abschlußtabelle!

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